58. Ökumene 3. Das Haus der Kirchen

Grundstück.

Offensichtlich ist von Anfang an geplant gewesen, dass im Zentrum der neuen Stadt Hochdahl auch die Kirchen ein Zentrum errichten würden und das sollte ökumenisch sein. Schon die Ökumenische Grundsatzvereinbarung von 1974 zwischen evangelischer und katholischer Kirchengemeinde enthält im zweiten Abschnitt diesen Plan und die Vereinbarung bindet die Gemeinden an die Verwirklichung dieser Absicht. Es hat dann zwar noch mehr als 10 Jahre bis zur Durchführung gedauert, aber die ganze Zeit über war das Ziel fest im Blick. Dieser Vertrag von 1974 war seinerseits schon das Ergebnis vielfältiger Beratungen und Verhandlungen in den Jahren davor und er ist aller Wahrscheinlichkeit nach die notwendige Voraussetzung dafür gewesen, dass es zu dem Kirchenzentrum als ökumenischer Einrichtung überhaupt gekommen ist. Leider war nämlich in den 80-er Jahren die ökumenische Begeisterung schon merklich abgekühlt.

 Bei der ganzen Geschichte bis zur Fertigstellung des Hauses ist die faszinierendste Entwicklung für mich die Veränderung in der Grundstücksfrage. Nach dem Bundesbaugesetz war die Entwicklungsgesellschaft verpflichtet, den Kirchengemeinden als Vertretern öffentlichen Interesses ein Grundstück in jedem Baugebiet vorzuhalten. Für die Entwicklungsgesellschaft war die Einhaltung dieser Gesetzesvorgabe selbstverständlich. Wir haben sie auch immer wieder als fairen und verständnisvollen Verhandlungspartner kennengelernt. Als daher der Aufbau des Hochdahler Stadtzentrums begonnen wurde, war für die beiden Kirchengemeinden ein Grundstück reserviert. Und das hatte sage und schreibe die Größe von 4.000 qm. Es war zu diesem Zeitpunkt nicht entschieden, ob das als ein Grundstück oder als zwei aneinandergrenzende Flächen erworben werden sollte. Wenn ich mich recht erinnere, sollte das geplante Gebäude – wie schon in der Grundsatzvereinbarung vorgesehen – einen einheitlichen Charakter haben. Vermutlich wäre es nach dem additiven Modell gebaut worden. Ob es zu mehr als einer gemeinsamen Brandmauer und vielleicht noch zu einem gemeinsamen Foyer gekommen wäre, ist nicht sicher. Allerdings sind die Einzelheiten zu diesem Zeitpunkt auch nicht ausführlich diskutiert worden. Das ökumenische Zentrum war zwar dauernd im Gespräch, aber es ging dabei immer um die grundsätzliche Frage, ob wir überhaupt eine Chance hätten, irgendwann zu bauen. Die Unsicherheit kam von zwei Seiten. Einmal war es das Problem, dass die Diözese sich nicht in der Lage sah, einen solchen Bau zu finanzieren. Deshalb war es nicht überraschend, dass von dort der Vorschlag kam, die vorgesehene Fläche zu verkleinern.  Andererseits konnte die Entwicklungsgesellschaft nicht jahrelang warten, bis die Kirchen wieder Geld haben würden. Sie machte sich also zur gleichen Zeit Gedanken über eine anderweitige Nutzung des Grundstücks. Mit der Hoffnung, der Realisierung vielleicht doch noch näher zu kommen, stimmten die Kirchengemeinden einer Reduzierung des Flächenbedarfs um mehr als die Hälfte zu (Ende 1980). Schon diese Veränderung war für manche Beteiligten eine herbe Enttäuschung, da wir doch so schöne Pläne hatten! Einige Monate später bot die Entwicklungsgesellschaft den Gemeinden die Vorbereitung des Kaufvertrags an. Das war wohl ein Signal, dass die Planungen für die Bebauung des Bereichs, in dem das vorgesehene Kirchengrundstück lag, schon weit fortgeschritten waren. Aber so sehr wir auch den Wunsch hatten, das ökumenische Zentrum zu bauen, zu der Zeit scheiterten alle Pläne an der Finanzierung. Die Gesellschaft, die die übrigen Gebäude errichten sollte, übernahm auch das Kirchengrundstück. Das hieß für uns: das Grundstück war weg. Und das war im Herbst 1982. Da, wo das ökumenische Kirchengebäude hätte stehen sollen, entstand ein Supermarkt,  den „Plus“ (später „Netto“ genannt) übernahm. Und die Kirchengemeinden blieben ohne Grundstück zurück!

Als Ausweg hätten wir in dem dort entstehenden Baukomplex Teileigentum erwerben können. Bei den entsprechenden Verhandlungen stellte sich aber heraus, dass dieses Angebot für uns nicht geeignet war. Nach der Fertigstellung wurde das ganz offensichtlich. Die Räume, die wir hätten erwerben können, waren so eng und klein, dass wir sie für unsere Zwecke nicht hätten nutzen können. Wieder eine Möglichkeit weniger!

Die einzige Fläche, die danach noch zur Vervollständigung des Stadtzentrums bebaut werden sollte, war in der Südwestecke des Hochdahler Marktes, zwischen Beckhauser und Karschhauser Straße. Und die Entwicklungsgesellschaft machte uns klar, dass das jetzt die letzte Chance sei. Wenn wir da nicht bauen würden, gäbe es im Stadtzentrum für uns keine Möglichkeit mehr. Das war ein heilsamer Druck, den wir auch nach Köln weitergeben konnten. Und wir waren fest entschlossen. Bei näheren Verhandlungen wurden uns dann zwei Möglichkeiten angeboten. Gleichzeitig mussten wir aber zur Kenntnis nehmen, dass wir in Bezug auf die Größe des Grundstücks sehr bescheiden werden müssten. Ein Standort hätte sein können westlich der Beckhauser Straße. Dort hätten wir sogar ein freistehendes Gebäude errichten können. Allerdings lag dieser Bauplatz etwas außerhalb der „Fußgängerströme“ des Marktes. Deshalb haben wir uns für die andere Fläche entschieden, näher am Markt (da, wo heute das „Haus der Kirchen“ steht). Und dieses Grundstück hatte die Größe von 138 qm! Welcher Abstieg nach den ursprünglich 4.000 qm!

Aber was wie ein Abstieg aussah und von vielen auch so empfunden wurde, war eigentlich ein Geschenk des Himmels! Jetzt brauchten wir nicht mehr über eine gemeinsame Brandmauer, einen einheitlichen Eingangsbereich oder die Gruppierung von Gebäuden um einen öffentlichen Platz zu beraten. Hier gab es nur eins: eine hoch-integrative Lösung! Auf der kleinen Fläche gingen wir in die Höhe, verteilten die Quadratmeter an beide Gemeinden und stellten uns den Aufgaben, die die Lage am Markt – inmitten von „Fußgängerströmen“ – uns aufgab.

Dass wir im ökumenischen Zentrum in der Stadtmitte mit so wenig Platz auskamen, haben wir eigentlich dem ersten Stadtplaner Professor Alois Machtemes zu verdanken. Die neue Stadt war konzipiert als eine Einheit, auch als es noch galt, 45.000 Menschen unterzubringen. Sie war deutlich gegliedert in Quartiere, die aber nirgendwo total voneinander getrennt waren. Die Quartiere sollten die Bereiche sein, in denen sich das alltägliche Leben vollzog. Sie waren gruppiert um ein Stadtzentrum, das durch Einkaufsmöglichkeiten, Schulen, Arztpraxen, Büros eine ausgesprochene zentrale Funktion haben sollte. Es sollte der Mittelpunkt der Stadt sein, von allen Stadtvierteln aus auch zu Fuß zu erreichen. Wenn man bedenkt, dass anderswo bei einem ähnlich umfangreichen Projekt zwei oder drei getrennte Baugebiete entstanden sind, kann man erkennen, wie genial das Konzept von Machtemes war. Einheit in der Vielfalt! – In der ursprünglichen Planung sollte jedes Quartier auch ein eigenes „Subzentrum“ zur Versorgung mit dem alltäglich Notwendigen erhalten. Als die neue Stadt wuchs, stellte sich allmählich heraus, dass diese Subzentren nicht wirklich lebensfähig waren. Das hing vielleicht auch damit zusammen, dass Hochdahl nicht mehr so groß werden sollte. 1978 rechnete man für den Endausbau nur noch mit 35.000 Einwohnern. Die Folge für das Konzept der neuen Stadt war eine klarere Unterscheidung zwischen Quartieren und Zentrum. Es gab nur ein Zentrum und die acht Quartiere hatten kein wirkliches Zentrum mehr.

Wäre Hochdahl in drei Baugebiete zerfallen, dann hätte das für die katholische Kirche bedeutet, dass drei Pfarreien entstanden wären. Die hätten natürlich auch drei Pfarrzentren haben müssen mit allen für jede Pfarrei notwendigen Einrichtungen. In diese Richtung scheinen die ersten Überlegungen zur kirchlichen Gliederung vor 1970 auch gegangen zu sein. Das ist nicht verwunderlich, denn so wurde in allen anderen Neubaugebieten geplant und gebaut. Was dann aus einem ökumenischen Zentrum geworden wäre, ist fraglich. Und ob die drei getrennten Mittelpunkte heute noch mit Leben zu füllen wären, ist genauso unklar. Bei dem städtebaulichen Konzept für Hochdahl gab es auch kirchlich nur ein Zentrum und das sollte und konnte ökumenisch sein. Die Einrichtungen für das „alltägliche kirchliche Leben“ wurden in den Stadtvierteln gebaut, von beiden Gemeinden mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Dabei wurde die geplante „schachbrettartige Verteilung“ leicht variiert, weil der Bedarf etwas anders war als die am Reißbrett entstandene ursprüngliche Planung. Als wir Ende 1982 daran gingen, ein Konzept für das „kleine“ Haus der Kirchen am Hochdahler Markt zu entwerfen, da konnten wir deshalb viele Dinge streichen, die in den frühen Überlegungen zur Gestaltung des ökumenischen Zentrums bedacht worden waren.  Die katholische Gemeinde hatte drei Gemeindehäuser und auch drei Kindergärten in Sandheide, Millrath-Ost und Trills. Wir hatten vier Gottesdienststätten in Trills, Sandheide, Millrath(ev.) und Alt-Hochdahl(ev.). Die Pfarrbücherei, die in anderen Gemeindezentren oft vorhanden ist, hatten wir schon in frühen Jahren aufgelöst. Ein Jugendzentrum war nicht mehr vorgesehen. Zeitweise hat die Stadt einen solchen Treffpunkt für die Jugend mit sachverständigem Personal geführt, später hat der TSV diese Aufgabe übernommen. All das brauchten wir für das ökumenische Zentrum nicht zu berücksichtigen, weil es entweder in den Quartieren vorhanden war oder weil andere Träger dafür da waren. Einige Veranstaltungen, die etwas mehr Platz brauchten, wie das ökumenische Bildungswerk, waren seit einige Jahren schon so fest in Sandheide beheimatet, dass es unsinnig gewesen wäre, sie ins Stadtzentrum verlagern zu wollen – Nicht nur das Grundstück war geschrumpft, sondern auch die Aktivitäten, die wir dort unterbringen mussten.

Konzeption

Im Herbst 1982 trat eine Gruppe zusammen, um die Konzeption für das Ökumenische Zentrum am Hochdahler Markt neu zu durchdenken. In dieser Gruppe waren je vier Mitglieder der evangelischen und katholischen Gemeinde. Das Ergebnis der Überlegungen konnte schon im März 1983 vorgelegt werden. Es war die Grundlage, nach der wenige Jahre später das Haus der Kirchen – mit nur wenigen Veränderungen – gebaut worden ist.

Diese Gespräche waren zweifellos notwendig. Bis dahin waren die Vorstellungen, was und wie man gemeinsam bauen wollte, noch sehr vorläufig gewesen. Und der Rahmen, in dem sich die Gedanken dabei bewegten, war eine additive Lösung auf 4.000 qm. Inzwischen war

abzusehen, dass nur ein Gebäude auf kleinstem Grundstück möglich sein würde mit allen zentralen Funktionen beider Gemeinden. Und der Baufortschritt am Hochdahler Markt verlangte dringend nach einer Klärung, welche Bedeutung ein „Haus der Kirchen“ für den Bürger auf dem Markt haben könnte. Der Zeitpunkt allerdings, an dem die Gruppe zusammentrat, ist aus heutiger Sicht etwas überraschend. War doch gerade das ursprünglich vorgesehene Grundstück verloren gegangen und ein Ersatz noch nicht gefunden. Wenn man will, kann man in diesem Vorgang ein Signal erkennen, wie fest entschlossen die beiden Gemeinden waren, am Hochdahler Markt dabei zu sein.

Die Konzeption ist in dem gemeinsamen Heft von „Gemeindegruß“(ev.) und „Aspekte“(kath.) zum „Haus der Kirchen“ von September 1986 abgedruckt. Für zwei Aufgabenfelder musste das ökumenische Zentrum geeignet sein. Einerseits sollte es der räumliche Mittelpunkt beider Gemeinden sein und für alle „Zentralen Aufgaben“ Platz bieten. Was die Gemeinden in den Stadtvierteln für die „Grundversorgung“ ihrer Gemeindemitglieder brauchten, das war seit vielen Jahren besprochen, geplant und errichtet worden. Wenn auch zu diesem Zeitpunkt noch nicht alles fertiggestellt war, so war doch die Planungsphase dafür abgeschlossen. Bisher gab es aber nur begrenzte Möglichkeiten für die Wahrnehmung der „Zentralen Aufgaben“. Einiges davon wurde selbstverständlich schon durchgeführt, zum Teil seit vielen Jahren (Fortbildungsangebote, Leitungsaufgaben, Verwaltung usw.), aber gewissermaßen ausgelagert in die Häuser in den Quartieren. Jetzt sollten diese Aufgaben in der Mitte der Stadt zusammengeführt werden. – Die zweite Aufgabe war, wie mir scheint, bisher nicht so deutlich im Blick gewesen. Sie wurde erst richtig bewusst, als das Stadtzentrum, der Hochdahler Markt, allmählich Gestalt annahm. Da wurde erkennbar, dass das Haus der Kirchen auch eine wichtige Funktion mitten unter den Bürgern, zwischen Geschäften und Praxen und Büros oder im Strom der Käufer haben würde. Die Verfasser der Konzeption haben diese Funktion sehr selbstbewusst und mutig formuliert. Unter der Überschrift „Die Präsenz der Kirche(n) in der Mitte der Stadt.“ heißt es: „Der Auftrag der Kirche weist sie … an die Öffentlichkeit eines städtischen Gemeinwesens (sichtbares Zeichen).“ In einer Zeit, in der Religion und Glaube nur noch als Privatsache akzeptiert werden, ist das ein Bekenntnis zu einer Ordnungsvorstellung, die zum gesellschaftlichen Konsens quer liegt. Es ist zwar richtig, dass sich die Kirche immer wieder zurückziehen muss, um sich auf ihre Quellen und die Herkunft ihres Lebens zu besinnen. Auch davon spricht die Konzeption in diesem Zusammenhang: „Die Gemeinde sammelt sich zum Gottesdienst und anderen Zusammenkünften in den vorhandenen kirchlichen Zentren innerhalb der Wohnviertel“. Andererseits „tritt die Kirche nach außen“, nicht um von den Leuten gesehen und als wichtiger „Mitspieler“ hofiert zu werden, sondern weil es ihrem unverzichtbaren Auftrag entspricht. Es geht schließlich um das Heil der Welt und nicht um eine gesellschaftliche Rolle oder um private Bedürfnisse. Ist es Zufall, dass dieses Innen und Außen der Lebensvollzüge der Kirche in Hochdahl wieder einen Bezug zum Aufbauplan der neuen Stadt hat? 

(Das Zueinander von Geborgenheit im Gottesdienst und Wirken nach außen stand schon einmal zur Debatte: sollen die Vorhänge in Heilig Geist offen oder geschlossen sein? Vgl. „Das Pfarrzentrum Heilig Geist wird eingeweiht.“)

 

 

Welche konkrete Gestalt die beiden Bereiche „Kirche am Markt“ und „Zentrale Aufgaben“ haben sollten, ist in der Konzeption im Einzelnen aufgelistet. Eine große Bedeutung für die „Kirche am Markt“ hatte der Andachtsraum/Raum der Stille, und zwar sowohl bei den entsprechenden Überlegungen während der Planung als auch nach der Fertigstellung. Die Konzeption meint dazu: „Mitten im Getriebe des Alltagsgeschehens, wie es sich in einem größeren Einkaufszentrum abspielt, soll der Mensch – der gemeindenahe wie der der Kirche fernstehende – einen Ort der Stille, der Besinnung und des Gebetes finden. Der Andachtsraum soll darum eine gegen das Getriebe abgeschirmte, Ruhe und Sammlung vermittelnde Atmosphäre haben. … Der Andachtsraum wird vor allem während der Geschäftszeiten frei zugänglich sein.“ Diesen Dienst an den Bürgern auf dem Markt hat der Raum der Stille nach der Eröffnung eindeutig ermöglicht. Erfahrbar wird das vor allem bei der Morgenandacht am Markttag, donnerstags um 9,45 Uhr. Seit der Eröffnung des Hauses  gibt es eine Gruppe von Mitgliedern beider Gemeinden, die sich um die Vorbereitung und Gestaltung dieser besinnlichen Viertelstunde bemüht, damit die Besucher „im Getriebe des Alltagsgeschehens“ zur Ruhe und zu sich selbst finden können. Es scheint, dass der Raum der Stille aber auch einzelne Menschen im Lauf des Tages zum Besuch einlädt. Vor kurzem erzählte jemand,  dass er sich in seiner lebensbedrohenden Krankheit immer wieder dorthin zurückgezogen hätte. Solche Vorgänge bleiben verständlicherweise meist im Verborgenen. – Das zweite Angebot der Kirche am Markt lief ursprünglich unter dem Titel „Informationsladen“. Die Vorstellung von einem „Laden“ ist dann aber bald aufgegeben worden, weil das eigentliche Ziel ja nichts mit Kaufen und Verkaufen zu tun hatte. In der Konzeption heißt es nämlich: „Mit dem Laden treten die Gemeinden nach außen und sprechen „offensiv“ Menschen an, vor allem solche, die sich noch nicht (z.B. Neubürger) oder nicht mehr kirchlich beheimatet fühlen.“ Dieser Bereich sollte also offensichtlich eine „missionarische Ausrichtung“ haben. Keiner hat natürlich dabei an freiwillige Mitarbeiter gedacht, die vor der Tür fromme Schriften anbieten oder auf erhöhtem Podest Erweckungspredigten halten. Diese negative Abgrenzung ist leicht zu ziehen, aber wie die neue Beheimatung in der Kirche wirklich geschehen könnte, war wohl auch nach der Fertigstellung des Hauses nicht klar. Ich halte es grundsätzlich für fraglich, ob dieses Haus so etwas überhaupt leisten kann. – Demgegenüber ist es im Haus der Kirchen all die Jahre gelungen, dem Bürger oder Käufer auf dem Markt die Informationen anzubieten, die er wünschte. Diese Aufgabe hat nach der Eröffnung des Hauses das Foyer übernommen. Das war naheliegend, denn wer aus dem „Strom der Käufer“ heraus das Haus der Kirchen betritt, kommt zunächst in das Foyer. Dort sind immer freiwillige Mitarbeiter, die die Eintretenden begrüßen. Sie können informieren über Taufe, Erstkommunion. Konfirmation und Firmung, sie kennen die verschiedenen Gruppierungen der beiden Gemeinden und können erste Kontakte herstellen. Sie wissen, wie man in die Büros der beiden Gemeinden gelangt und wo die Leute für Beratung und soziale Fragen zu finden sind.  Lange Jahre gab es dafür auch ein ausführliches Informationsblatt mit Terminen und Namen und Angeboten beider Gemeinden. Über die Information hinaus haben die Mitarbeiter auch vielfältige Kontakte untereinander und mit und zwischen den Besuchern geschaffen. Wer es wünschte, konnte dabei auch ein wenig verweilen und eine Tasse Kaffee trinken. Das war es wohl, was dem Foyer auch den Namen „Kirchencafé“ einbrachte. Man darf annehmen, dass für die Bürger auf dem Markt das Haus der Kirchen einladend wirkte und die Mitarbeiter als freundliche Zeitgenossen in der Erinnerung blieben. Und vielleicht hat der eine oder andere Besucher als seine Erfahrung formuliert: „Och, die sind nett, die Leute im Kirchencafé“. – Das ist wenig angesichts des hohen Ziels in der Konzeption, dass die Kirche nach außen tritt. Aber es scheint, dass bei vielen kirchlichen Vollzügen schon viel erreicht ist, wenn die Teilnehmer in dem Augenblick spüren, dass es mehr gibt als Alltag und Geschäft. Und wenn auch die Mitarbeiter im Foyer so etwas immer wieder erleben lassen, dann sind das vielleicht kleine Impulse. Aber wer weiß, wie die wirken und wohin sie führen. – Im Foyer gab es noch andere Aktivitäten, die sich ebenfalls an die Bürger auf dem Markt richteten, ohne gleich dem Anspruch einer missionarischen Ausrichtung zu genügen. In regelmäßigen Abständen gab es die Stadtgespräche, samstags morgens während der Geschäftszeiten. Manchmal zogen sie so viele Teilnehmer an, dass alle drei Ebenen des Foyers – oberes und unteres Foyer und Galeriegeschoss – für die Zuhörer reserviert werden mussten. Die Thematik drehte sich häufig um die Stadt, in der wir lebten, politisch, gesellschaftlich und auch kirchlich. Aber es konnte auch sein, dass es um den Haushalt der Kölner Kirche ging oder um soziale Brennpunkte oder, später einmal, um Erinnerungen an die frühen Jahre der neuen Stadt Hochdahl. – Die Ausstellungen waren ein spezielles Angebot im Foyer. Vielfach waren es Hochdahler Künstler, die ihre Werke einem breiteren Publikum zugänglich machten, Fotografien, Malereien oder Installationen. Und ein besonderes Erlebnis war es, wenn man den betreffenden Künstler aus Begegnungen im Alltag kannte.

Die konkrete Gestalt des Bereichs „Zentrale Aufgaben“ ist in der Konzeption schlüssig und klar beschrieben. Darüber war ja auch jahrelang intensiv nachgedacht und diskutiert worden. (vgl. „Eine Gemeinde für 20.000 Katholiken …?“) Das Mitarbeiterzentrum ist dabei die Funktion, die am deutlichsten „zentral“ ist. Oft haben wir das Haus der Kirchen deswegen auch als „Nervenzentrum“ der Gemeinden bezeichnet. Dazu sagt die Konzeption: „Im Haus der Kirchen sollen die verschiedenen Gruppen von Mitarbeitern, die für die Gestaltung des Gemeindelebens verantwortlich und aktiv sind, ein Zentrum finden, in dem sie zu Sitzungen, Arbeitsbesprechungen, Zurüstung und Fortbildung zusammenkommen.“ Genannt werden Presbyterium, Pfarrgemeinderat und Kirchenvorstand, die Pfarrer und andere Hauptamtliche („getrennt und ökumenisch“), Mitarbeiterkreise der Jugendarbeit, Vorbereitungsgruppen für Kindergottesdienste und andere Gottesdienste, Mitarbeiterkreis für die verschiedenen Gruppen der Gemeindearbeit mit Erwachsenen. Das Haus der Kirchen als „Mitarbeiterzentrum“ sollte also viele aktive Gemeindemitglieder zusammenführen. Dabei hatten wir die Vorstellung, „dass sich die Mitarbeiter aus den unterschiedlichen Arbeitsbereichen persönlich begegnen und dass Informationswände im Foyer und Arbeitstafeln in den Gruppenräumen über die Arbeit der anderen informieren.“ Das sollte zu einem intensiveren Erfahrungsaustausch führen und das Bewusstsein stärken, „dass alle Mitarbeiter als Glieder an dem einen Leib Christi wirken.“ Manchmal haben wir phantasiert und dann tauchte in unseren Zukunftsvisionen das Bild auf, dass sich an manchen Abenden die Leiter verschiedener Gruppen zum Haus der Kirchen begeben, sich im Foyer treffen und über ihre Erfahrungen austauschen, und dabei ganz natürlich „Ökumene“ leben. Selbst ein Kaffeautomat oder eine Getränkebar war in diesen Vorstellungen schon vorhanden. Es war schön, miteinander solchen Bildern Raum zu geben, auch wenn vieles davon ein Traum geblieben ist. Nach der Fertigstellung ist nämlich die Nutzung des Hauses als Mitarbeiterzentrum deutlich hinter den Plänen zurückgeblieben. Manche Sitzung und manches Treffen fand weiterhin im Quartier statt, vielleicht weil die Räume dort mehr Platz boten oder weil sie von der Atmosphäre her angenehmer waren. Vielleicht war es auch einfach eine Frage von Gewohnheit. Allerdings war dann eine ökumenische Begegnung nicht möglich, weil man ja dort in den eigenen Räumen zusammenkam. – Als weitere gesamtgemeindliche Aufgabe nennt die Konzeption die spezialisierten Angebote. Damit greift sie eine Vorstellung auf, die schon sehr früh entstanden ist. Schon 1970 war entschieden, dass Hochdahl eine Pfarrei bleiben und in einer Balance zwischen „Großraumseelsorge“ und „Grundversorgung“ entwickelt werden sollte. Unter anderem reizten uns dabei die Möglichkeiten, die die Größe der Gemeinde (nach damaliger Vorstellung  noch ca. 20.000 Mitglieder) zu bieten versprach. Die Zahl der leitenden Mitarbeiter würde größer sein als sonst üblich. Sie hätten damit die Chance, sich zu spezialisieren und ihre besonderen Fähigkeiten in der Seelsorge einzusetzen. Dementsprechend wäre es möglich, den Bedürfnissen bestimmter Gruppe in der Gemeinde entgegenzukommen (z.B. beruflich bedingt wie bei Arbeitskreisen für Lehrer oder Erzieherinnen oder interessenbedingt wie bei sangesfreudigen Jugendlichen). Und Aktivitäten, die sonst überregional durchgeführt werden (z.B. Gruppenleiterschulungen), könnten wegen der großen Zahl der Gemeindemitglieder in der eigenen Pfarrei stattfinden. So haben wir uns bei den ersten Überlegungen zum Partnerschaftsseminar die Frage gestellt, ob wir nicht den Brautleutekurs in Hochdahl selbst durchführen könnten, statt die Leute nach Düsseldorf zu schicken. Bei der Formulierung der Konzeption war klar, dass solche Angebote als zentrale Aufgaben der Gemeinde im Stadtzentrum angebunden werden müssten. Und wir konnten hoffen, dass durch die ökumenische Zusammenarbeit sowohl die Zahl der Interessierten als auch die Zahl der leitenden Mitarbeiter noch zunehmen würde. Es war nicht beabsichtigt, für diese Aktivitäten im Haus der Kirchen zusätzliche Räume vorzusehen. Da solche Treffen normalerweise in größeren Abständen stattfinden, konnte man davon ausgehen, dass sie in den geplanten  Räumen ohne Probleme unterzubringen wären. Allerdings ist auch hierbei später manches in die Stadtviertel verlegt worden, was nach der Theorie ins Haus der Kirchen gehört hätte. – Beide Gemeinden hatten schon seit Jahren Sozial- und Beratungsdienste, die bis dahin in den Quartieren lokalisiert waren. Für alle, die diese Dienste nutzten, war es natürlich eine große Erleichterung, dazu in Zukunft zum Hochdahler Markt gehen zu können und den Besuch beim Sozialdienst vielleicht mit einem Einkauf zu verbinden. – So ähnlich war es wohl für die Besucher der Büros der beiden Gemeinden. Sowohl das evangelische Gemeindeamt als auch das katholische Pfarrbüro lagen bis dahin am Rand der neuen Stadt. Beide sollten nun in der Stadtmitte erreichbar sein. Diese Veränderung war zweifellos auch ein Gewinn für die Ökumene, weil dadurch Information und Absprache wesentlich erleichtert wurden. Wie wichtig die Rolle der Büros für das Haus der Kirchen war, konnte man allerdings erst im Laufe der nächsten Jahre richtig erkennen. In den Büros war immer jemand da! Wie die Regelung im evangelischen Gemeindeamt aussah, kann ich nicht ganz beurteilen. Das Pfarrbüro jedenfalls war jeden Tag vormittags und nachmittags besetzt. Die Leute wussten, wer von den beiden Sekretärinnen zu welcher Zeit da war. Und sehr viele Fäden liefen im Büro zusammen. Wie oft habe ich auf eine Frage eines Gemeindemitglieds geantwortet: „Das weiß ich nicht, rufen Sie doch mal im Pfarrbüro an.“! Das wurde möglich durch eine offene und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Vielleicht hatte das Pfarrbüro einen wichtigen Anteil daran, wenn etwas von der Vorstellung vom „Nervenzentrum“ im Haus der Kirchen Wirklichkeit geworden ist. Auf solche Zuverlässigkeit haben wir in unserer Arbeit immer Wert gelegt. Es sei daran erinnert, dass wir jahrzehntelang eine feste Gottesdienstordnung hatten. Es muss halt feste Bräuche geben! – Wenn man die Rolle des Büros im Haus der Kirchen so einschätzt, kommt auch wieder das Foyer in den Blick. Trotz mancher Schwierigkeiten sind immer wieder zahlreiche freiwillige Mitarbeiter da, die dafür sorgen, dass das Haus der Kirchen während der Geschäftszeiten offen ist. Ein einladender Dienst, der zuverlässig geleistet wird durch die Mitarbeit vieler verschiedener und unterschiedlicher Menschen! Es scheint, dass sich Foyer und Büros ergänzen und miteinander dazu beitragen, dass die Kirche in der Mitte der Stadt erkennbar wird.

 

 

Architektenwettbewerb

Für das „Haus der Kirchen“ wurde im Juli 1984 ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben, bei dem sich 5 Architekten beteiligten. Am 27.November begutachtete ein Preisgericht die Entwürfe und vergab den ersten Preis an Herrn Wolfgang Müller-Zantop, Dipl.-Ing. Architekt BDA, aus Essen. Dieser Entwurf sollte auch der weiteren Bauplanung zugrunde liegen.

 

 

In der Entwurf-Skizze des Erdgeschosses zieht vor allem die markante Form des Raums der Stille die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich. Dabei fallen bei genauem  Zusehen kleine Einzelheiten besonders auf. Die (durch die gestrichelte Linie angedeutete) Fassade der Obergeschosse springt über dem Raum der Stille zurück, sodass vom Hochdahler Markt, vom „Strom der Käufer“ her auch die Wand des Raums der Stille sichtbar wird. Ganz versteckt ist der Eingang von außen an der rechten, der östliche Seite des Gebäudes. Wir haben ihn immer die „Schlupftür“ genannt. Da an dieser Seite nur wenige Passanten vorbeigehen, kann ein stiller Beter in den Raum „hineinschlüpfen“ ohne besonderer Beobachtung ausgesetzt zu sein. Bei den ersten Schritten in den Raum ist er auch noch geschützt, da er zunächst eine Nische betritt. Ob das eine besonders raffinierte oder kluge und rücksichtsvolle Idee des Architekten war oder nur der Positionierung von Aufzug und Treppenhaus geschuldet war, ist nicht bekannt. In den Erläuterungen zum Entwurf schreibt Herr Müller-Zantop: „Die geometrische Rundform des „Raumes der Stille“ ist als Identifikationsform geplant und steht im Gegensatz zu den scharfkantigen Formen der Obergeschosse. … Der „Raum der Stille“ ist als introvertierter, gegenüber dem Foyer abgesenkter Raum geplant. Vom Foyer gelangt man im Raum über eine plastisch geformte Gehrampe nach unten. …“ Der Zugang zum Foyer vom Markt her liegt hinter der Linie der Säulen, die die Obergeschosse tragen. Bis zur Tür des Hauses sind es dann noch ein bis zwei Schritte. Dadurch gewinnt das Foyer etwas Distanz zum Treiben auf dem Markt. Und wenn man hineinkommt, fällt die interessante Gliederung des Raumes auf. Da das Gelände an der Südwest-Seite des Hauses um etwa eine halbe  Geschosshöhe abfällt, war es möglich, im Innern drei verschiedene Ebenen zu planen. Von der Tür her betritt man das mittlere Niveau, im Hintergrund kann man dann zum Galeriegeschoss hinaufgehen oder durch das untere Foyer und die untere Tür das Haus wieder verlassen. Ich habe den Eindruck, dass durch diese Gestaltung das Foyer insgesamt ein Gefühl von Weite und Offenheit vermittelt, gleichzeitig aber auch anheimelnd und bergend wirkt. Und oberdrein bietet es viel Platz für Besucher und Teilnehmer von Veranstaltungen. – Für das Bild des Hauses insgesamt sind die „scharfkantigen Formen der Obergeschosse“ entscheidend. Es ist natürlich nicht abwegig, wenn jemand auf einem dreieckigen Grundstück auch ein dreieckiges Gebäude plant. Auch das könnte je nach Ausführung eine gute Leistung sein. Ein anderer Teilnehmer am Wettbewerb hatte nämlich einen Entwurf vorgelegt, dessen besonderes Charakteristikum eine mächtige Fassade war, die oben von einem halbrunden Aufsatz, vielleicht sogar mit rundem Fenster, gekrönt war. Der dreieckige Bau, den Herr Müller-Zantop vorschlug, war weder bloße Anpassung an eine vorgegeben Grundstücksform noch das Buhlen um billigen Applaus. Er war Ausdruck einer bestimmten Idee. Er schreibt nämlich: „Der Verfasser hat einen scharfkantigen, geometrischen Baukörper als Eckstein und Kontrast zu den abgeschrägten Formen der umgebende Bebauung geplant.“ Für mich ist es kein Zufall, dass sein Begriff „Eckstein“ an den biblischen Sprachgebrauch erinnert, wenn er den Kontrast auch ausdrücklich auf die umgebende Bebauung bezieht. Da taucht wieder die Vorstellung der Konzeption auf, dass die Kirche einen Auftrag in der Mitte der Stadt hat. Und der „Eckstein“ weist darauf hin, dass der nicht einfach mit den Selbstverständlichkeiten der Gesellschaft übereinstimmt. Und nach vielen Jahren taucht im Innern die bange Frage auf, ob wir das Kantige und Gefährliche der Botschaft nicht zu oft dem Machbaren und Gefälligen geopfert haben.

 

Die letzte Hürde

 

Eigentlich – so dachten wir – sei nun alles soweit klar: wir hatten uns für ein Grundstück entschieden, wir hatten viel über die Aufgabe und Bedeutung des Hauses nachgedacht, ein Architekt hatte einen großartigen Plan vorgelegt, dieser Architekt sollte auch die Ausführung übernehmen. Was konnte uns denn jetzt noch daran hindern zu bauen? Die Diözese konnte es und tat es. Einer, der damals maßgeblich dabei war, erinnert sich, dass der Erzbischöfliche Rat das Projekt drei Mal abgelehnt habe. Bei dieser Auseinandersetzung hatten wir natürlich das Gefühl, für eine Sache kämpfen zu müssen, die wir für gut und richtig und notwendig hielten. Man kann es auch positiv deuten und annehmen, dass dieser Prozess eine wertvolle weitere Abklärung und in manchen Punkten eine noch fehlende Konkretisierung gebracht hat. Die evangelische Gemeinde musste in gleicher Weise den Bau vom Kirchenkreis und der Landeskirche genehmigen lassen, die auch für den größten Teil der Finanzierung aufkommen mussten.

Der erste Grund für die Ablehnung waren die Kosten. Das war nachvollziehbar, denn im Januar 1985 (Pfarrversammlung am 11.1.) wurden sie noch auf 2,3 Millionen DM geschätzt. Die Hälfte davon hätte jede der beiden Gemeinden finanzieren müssen. Die Diözese war nicht bereit, die Kosten für die katholische Gemeinde insgesamt zu übernehmen. Die uns schon bekannte Begründung dafür lautete, dass wäre eine ungerechte Bevorzugung Hochdahls auf Kosten anderer Gemeinden. Wie beim Roncalli-Haus wurden uns 400.000 DM zugesagt. Im Lauf der Verhandlungen wurden zusätzlich die anteiligen Kosten für den Erwerb des Grundstücks übernommen. 440.000 DM konnte die Kirchengemeinde durch den Verkauf eines Grundstücks hinter der Trillser Kirche selbst aufbringen. Aber damit war die Finanzierung noch nicht gesichert. Das Generalvikariat hat immer wieder auf eine Verbilligung der gesamten Maßnahme gedrungen. Das war nur zu erreichen, wenn Abstriche an der ursprünglichen Planung vorgenommen wurden. Der Architekt schlug vor, das Kellergeschoss zu streichen, die Auskragung der SW-Wand im ersten Obergeschoss wegzulassen (=Verbilligung der Deckenkonstruktion) und billigere Materialien zu verwenden. Er hoffte, dadurch 400.000 DM sparen zu können. Die Überlegungen zur Finanzierung und der davon abhängigen baulichen Gestaltung sind im Laufe des Jahres 1985 immer wieder hin und her gegangen. Die Gespräche zwischen der „Achterbande“ (4+4 wie bei der Erarbeitung der Konzeption) und den Verantwortlichen des Generalvikariats, besonders Herrn Oberbaurat Dr.Bollenbeck, waren intensiv, oft kontrovers, aber immer um eine gute Lösung bemüht. Das hat – verbunden mit dem Vertrauen auf die Beteiligung der Gemeinde – schließlich zum Erfolg geführt. – Außer den Problemen der Finanzierung und Bauausführung gab es auch „ideologische“ Schwierigkeiten. Beim Raum der Stille spukten anscheinend noch gut katholische Bilder und Traditionen in den kölner Köpfen herum. Wenn ich mich recht erinnere, war es strittig, ob nicht zu einem Andachtsraum auch ein Tabernakel gehört. Aber der hieß ja immer schon „Raum der Stille“ und es war nicht an eine „Kapelle“ gedacht. Das Argument, das schließlich überzeugte, war wohl der Hinweis, dass alle gottesdienstlichen Aktivitäten ja in den Stadtvierteln und den dort vorhandenen Kirchen vollzogen würden. Inzwischen bestätigt die jahrelange Erfahrung die damalige Zuversicht, dass der Raum durch den Verzicht auf das typisch Katholische nicht verloren, sondern gewonnen hat. (Das ist keine Absage an die katholische Form der eucharistischen Frömmigkeit!). – Die nächste Schwierigkeit war nicht einvernehmlich zu lösen, wohl weil sie stärker von theologischen oder kirchenpolitischen Festlegungen bestimmt war. Es scheint, dass sich das Problem an der Gestaltung des Erdgeschosses entzündet hat. Es sollte nach den bisherigen Plänen gemeinsames Eigentum beider Gemeinden werden und gemeinsam genutzt werden. Die Glaubenswächter befürchteten den Verlust des jeweiligen Gemeindeprofils und einen konfessionellen Mischmasch. Diese Sorge bezog sich wahrscheinlich auf die Konzeption des gesamten Projektes. In dem Haus auf kleinem Grundstück wäre ja eine integrative Lösung das Ideal gewesen. Aber so etwas gab es nirgendwo. An der Stelle hätten wir die ökumenische Grundsatzdiskussion anfangen müssen, denn das ist kein Problem beim Bau eines Hauses, sondern eine Frage nach den Vorstellungen und Möglichkeiten der Wiedervereinigung. Wenn man die Einheit im Glauben anstrebt (und dazu bekennen sich die Konfessionen doch immer), wieso ist dann die Frage – offensichtlich bis auf den heutigen Tag – nicht geklärt, ob und wie weit man sich dabei auch gemeinsames Eigentum vorstellen will. Und das ist ein Thema, dem sehr viele wichtige andere Themen vorausgehen, die genau so wenig diskutiert werden. – Der Bescheid von Köln lautete: Es soll auf die Grundsatzvereinbarung von 1974 (Nr.26) zurückgegangen werden, indem auf eine integrierte Lösung verzichtet und eine additive angestrebt wird. Dieses Diktum signalisiert, dass in den Überlegungen in Köln die vertraglich abgesicherte Grundsatzvereinbarung ernst genommen wurde. Andererseits wurde beim Rückgriff auf diese Vereinbarung übersehen, dass der Schwund des Grundstücks von 4.000 auf 138 qm ganz neue Chancen eröffnete, die sich niemand 1974 vorstellen konnte. Wir sind dem Bescheid gefolgt, von heute her betrachtet vielleicht etwas schnell und unbekümmert. Vermutlich war es uns so wichtig, das Haus zu bekommen, dass wir auf die integrative Lösung verzichtet und einer klaren additiven Besitzverteilung zugestimmt haben. Das hat die Diözese dann auch genehmigt. Das hieß: die katholische Gemeinde nimmt das zweite Obergeschoss und das Dachgeschoss in Besitz, die evangelische Gemeinde übernimmt das Kellergeschoss, das Erdgeschoss und das erste Obergeschoss. Das war ein schwerer Verlust für die Konzeption des Hauses, denn damit fiel die gemeinsame Nutzung einer Etage als Mitarbeiterzentrum und die gemeinsame Nutzung einer Etage für beide Büros weg. Dass das Mitarbeiterzentrum nach der Fertigstellung viel weniger gebracht hat als in der Konzeption vorgesehen, hat vermutlich in dieser Entscheidung die wichtigste Ursache. – In konkreten Fragen war die Diözese dann aber auch flexibel, vor allem als es darum ging, dass beide Gemeinden einen gleich großen Anteil am Eigentum bekommen sollten. Dieser „gleich große Anteil“ war auch noch eine Schwierigkeit, über die heftig und lange diskutiert worden ist. Bei der oben beschriebenen Verteilung der Flächen hätte die evangelische Gemeinde einen deutlich größeren Anteil gehabt, aber nicht finanzieren können. Die Einigung lautete schließlich, dass beide Gemeinden sowohl einen gleichen Anteil am Eigentum haben sollten als auch eine gleiche Summe zu finanzieren hätten. Bis auf einen Unterschied von ein paar Quadratmetern ist das dann auch möglich geworden.

Und so konnte also gebaut werden. Die Firma, die die übrigen Gebäude neben dem Haus der Kirchen errichten sollte, war bereit, die Arbeiten für das Haus der Kirchen mit zu übernehmen. Die Grundsteinlegung war am 21.Juni 1986. Und am 19.September 1987 wurde das Haus der Kirchen am Hochdahler Markt feierlich eröffnet.  

 

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