27. Eine Gemeinde traut sich …

Wir betonen immer und immer wieder, dass ein Mensch durch Taufe und Firmung zu einem voll handlungsfähigen Christen wird. Das nutzt alles nichts, wenn diese Fähigkeit nicht als wirklich vorhandene erfahren wird. Wenn wir für die Begleitung der Kommunionkinder Katecheten gesucht haben, dann hörten wir von vielen Müttern und Vätern den Satz: „Das kann ich nicht“. Die Sorge war echt und die Bedenken waren meistens begründet. Wie soll man auch begeistert zu etwas „Ja“ sagen, was man noch nie gemacht hat und deshalb nicht kennt. Und wem eine gute Vorbereitung der Kinder am Herzen liegt, wird nicht leichtsinnig eine solche Aufgabe übernehmen. In dieser Situation entscheidet sich, ob die Gemeinde eine Chance hat, mündig und eigenständig zu werden. Und für das einzelne Gemeindemitglied entscheidet sich, ob die Sache mit dem „voll handlungsfähigen Christen“ Realität werden kann. Der verantwortliche Geistliche muss zwei Dinge vermitteln können: 1. Ich traue dir zu, dass du das schaffst, und 2. Alles, was du dazu brauchst, werden wir gemeinsam erarbeiten. Wenn ein Gemeindeleiter den Menschen nur die Wartung der Heizung oder den Austausch der Beleuchtungskörper in der Kirche zutraut, wird keine Gemeinde wachsen können. – Eine junge Frau, die als gut Zwanzigjährige nach Hochdahl zuzog, war nach kurzer Zeit Begleiterin in der Firmvorbereitung – eine in der Tat anspruchsvolle Tätigkeit. Sie sagt heute im Rückblick: „Ihr habt uns das zugetraut“ und das war für sie die Tür zur Gemeinschaft und zu wertvollen Erfahrungen. – Ähnlich war es mit der Praxis bei der Vorbereitung und Gestaltung der Kindermessen. Wenn in einer Vorbereitungsgruppe der erste Abend der Besprechung und dem Verständnis des jeweiligen biblischen Textes gewidmet war, dann war die Ausgestaltung der Katechese im Gottesdienst die Aufgabe von zwei oder drei Gruppenmitgliedern. Und die waren dafür allein zuständig, der „theologische Fachmann“ war dann nicht dabei. Das konnte man den Mitgliedern des Arbeitskreises ohne weiteres zutrauen. – Ein zweiter „Arbeitskreis Kindergottesdienst“ bereitete die Katechese ganz eigenständig vor und warf den Entwurf dem Geistlichen vor dem Wochenende in den Briefkasten. Und dem Vorschlag entsprechend wurde die Katechese gehalten, wenn auch manchmal mit gewissen Veränderungen. Solche Veränderungen führten ab und zu auch im Nachhinein zu leichten Verstimmungen, aber dabei blieb immer klar, dass wir dem Kreis zutrauten, die Vorbereitung kompetent und mit einem guten Ergebnis zu machen. Nicht alle in der Gemeindeleitung sahen das gleich unbekümmert. Es gab auch die Meinung, es sei besser, wenn der „Theologe“ bei der Vorbereitung mit im Gespräch sei.    

 

Es ist unbedingt nötig, eine solche seelsorgliche Praxis über viele Jahre durchzuhalten. Denn die Folgen für das Selbstbewusstsein der Gemeinde und die Bereitschaft zur Mitarbeit in Eigenverantwortung stellen sich nicht nach ein, zwei Jahren ein. Aber im Laufe der Zeit entwickelt sich eine Mentalität, die getragen und legitimiert ist von vielfältiger Erfahrung.  

Und viele in der Gemeinde – wenn auch nicht alle – erleben mit Freude und Dankbarkeit, dass sie miteinander und mit der Gemeindeleitung sich und die Gemeinde am Leben erhalten.

 

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