25. Gemeindekatechese 2

Buße

 

Von 1973 an haben wir die Bußvorbereitung nach der Erstkommunion angeboten und wir haben diese Reihenfolge bis 2006 beibehalten. Dafür gibt es triftige Gründe, die wir auch immer wieder den Eltern und der Gemeinde erläutert haben. Der Widerstand gegen diese Praxis war heftig und manchmal hatten wir den Eindruck, wir müssten uns verteidigen, so als ob wir etwas Unrechtes täten.

 

Wie schon erwähnt, haben wir die Kinder des dritten Schuljahres zur Vorbereitung auf die Erstkommunion eingeladen. Die Bußvorbereitung folgte dann im vierten Schuljahr. Diese Reihenfolge war Anfang der 70-er Jahre kurzzeitig als Experiment offiziell erlaubt. Und sie war von der Sache her geboten, weil dieses eine Jahr in der Entwicklung der Kinder ein deutliches Wachstum bedeutet. Sie können dann schon besser über sich und ihr Verhalten nachdenken. Ferner ging es uns um eine Entkopplung von Kommunion und Buße, um endlich die alte Vorstellung zu durchbrechen, man müsse – weil man ja vielleicht doch im Zustand der Todsünde leben könnte – vor jedem Empfang der Kommunion beichten. Weiterhin sollte die Buße nicht „auf dem Rücken der Erstkommunionvorbereitung mitfahren“. Immer wieder wurde nämlich darauf hingewiesen, dass viele Kinder bei dieser Reihenfolge nicht mehr an der Bußvorbereitung teilnehmen würden. Und dann wurden wir gefragt, wie viel Prozent denn noch weitermachten. Aber wenn der „Beichtunterricht“ die Voraussetzung für die Teilnahme an der Erstkommunion ist, dann wird er unter Umständen nur in Kauf genommen, denn den Eltern ist vor allem die Teilnahme an der Erstkommunion wichtig. Bei uns meldeten die Eltern deshalb ihre Kinder zunächst nur für die Kommunionvorbereitung an und nicht gleichzeitig für den Bußkurs und die Katecheten verpflichteten sich nur für die Kommunionvorbereitung. Eltern und Katecheten wurden dann zu Beginn der Bußvorbereitung ausdrücklich gefragt, ob sie und die Kinder weitermachen wollten. Wenigstens da wollten wir eine ausdrückliche Entscheidung, wenn schon die Teilnahme an der Kommunionvorbereitung mehr oder weniger „selbstverständlich“ war. Wir wollten wie in der gesamten Seelsorge so auch hier die Eigenständigkeit und Selbstverantwortung der Gläubigen stützen. Glaube ist nur in Freiheit möglich.

 

Es gibt keinen Grund, weshalb Kinder vor der Kommunion beichten müssten, auch wenn das langjährige Übung war. Das Konzil von Trient (im 16.Jahrhundert) hat festgelegt, dass ein Christ dann beichten muss, wenn er eine „Todsünde“ begangen hat. Diese Aussage muss man ernst nehmen, ist doch dieses Konzil die Institution, die nach der Reformation die katholische Lehre wieder deutlich und verbindlich festlegen wollte. Nach der alten, gut katholischen Tradition gehören drei Dinge zu einem solch schweren Vergehen: eine wichtige Sache, klare Erkenntnis und freier Wille. Bei der „wichtigen Sache“ wurde in den folgenden Jahrhunderten geschlampt. Der Begriff „Todsünde“ wurde in der Unterweisung durch „schwere Sünde“ ersetzt, obwohl beides nicht identisch ist, und alles Mögliche wurde zur schweren Sünde erklärt, sogar Fleischgenuss am Freitag. So sehr das auch eingebläut wurde, so sicher ging es an der Sache vorbei. „Todsünde“ bedeutet die volle Abkehr, den totalen Bruch mit Gott. Und das kann nicht durch nebensächliche Dinge oder vielleicht durch Unachtsamkeit geschehen; solche Ängste waren ja in der katholischen Kirche auf Grund dieser falschen Erziehung weit verbreitet. Deswegen ist „Todsünde“ nicht der Normalfall, sondern ein Vollzug, bei dem alle personalen Kräfte eingesetzt werden. Ein Kind im Alter von neun Jahren ist zu einem solchen personalen Akt auf Grund seiner Entwicklung grundsätzlich nicht in der Lage. Und deshalb kann es keine Verpflichtung geben, dass Kinder vor der Erstkommunion beichten müssten. Bei dieser umstrittenen Thematik war sehr hilfreich, was Anno Quadt 1978 in drei Artikeln in der Kölner Kirchenzeitung zur Entwicklung des Bußsakramentes geschrieben hat. Wir haben uns immer wieder auf diese Ausführungen gestützt.

 

Diese unsere Praxis hat vielen Eltern Probleme bereitet und es gab immer wieder heftige Auseinandersetzungen. Vor allem die Christen, die in den 80-er Jahren aus Polen und Schlesien zu uns kamen, konnten ihre strenge Erziehung an dieser Stelle oft nur schwer oder gar nicht überwinden. Immer wieder hieß es bei diesem Thema, die Kinder sollten „ganz rein“ zur Kommunion gehen. Ich hatte bei dieser Formulierung oft ein mulmiges Gefühl und der Verdacht drängte sich mir auf, dass da ungeklärte mythische Bilder eine Rolle spielten. Natürlich legten wir Wert darauf, dass die Vorbereitung gut war und dass die Kinder mit offenem Herzen und mit viel Einsicht ihre Erstkommunion feierten; aber was bedeutete darüber hinaus „ganz rein“? Es war in dieser Zeit ein offenes Geheimnis, dass manche Eltern in eigener Verantwortung ihre Kinder vorher doch beichten ließen und sie vielleicht dazu zu den angeblich stark nationalistisch eingestellten polnischen Seelsorgern nach Düsseldorf-Wersten brachten. Die Not war manchmal groß; die Eltern hatten Angst sich zu versündigen, wenn sie nicht so handelten. Der Weg in die Freiheit ist oft durch große Ängste blockiert.

 

Anfang der 70-er Jahre gab es bei mehreren Verlagen Mappen als Hilfsmittel für die Bußvorbereitung. Die Vorbereitung war genau so umfangreich wie für die Kommunion und ihr Inhalt war auf die Fassungskraft von Kindern im vierten Schuljahr abgestimmt. Und dann verfügten die vatikanischen Behörden, dass die Bußvorbereitung nicht mehr nach der Erstkommunion stattfinden dürfe. Die alte Ordnung wurde wieder verbindlich gemacht. Mir ist nicht bekannt, dass irgendwo versucht worden ist, einen ausführlichen Bußkurs vor der Erstkommunion anzubieten; das hätte ja auch bedeutet, die Kinder im zweiten Schuljahr beichten zu lassen. Stattdessen war es offensichtlich allgemeine Praxis, die Buße in den Kommunionkurs zu „integrieren“. Das bedeutete, dass in der ersten Zeit nach dem römischen Verbot sich im Kommunionkurs vier Stunden zum Thema Buße fanden. Ich weiß nicht, ob irgendjemand diese Verkürzung für verantwortbar hielt. Inzwischen scheint sich der „Tag der Versöhnung“ durchgesetzt zu haben, der ein noch dürftigeres Angebot darstellt. Rom hat entschieden und (fast) alle machten mit!

 

Wir haben bis 2006 die Bußvorbereitung weiter nach der Erstkommunion angeboten. Der Dechant in der Nachbarpfarrei machte es ebenso. Der bekam dann – ein paar Jahre vorher – einen Weihnachtsgruß von seinem Weihbischof. Darunter stand die Anordnung, die Reihenfolge sofort umzustellen. Eine zusätzliche Bemerkung lautete: „Das ist eine Order“.

Als ich davon hörte, habe ich gemault: „Ich hätte beim Weihbischof mal angefragt, was denn das Wort ´Order´ bedeute. Dieser Begriff sei mir in der theologischen Sprache unbekannt.“

Hätte ich den Mut gehabt, mich auch dieser ausdrücklichen „Order“ zu widersetzen? Es wäre wohl nötig gewesen. Erst bei meinem Nachfolger hat der Nachfolger des genannten Weihbischofs die Umstellung gegen die guten Argumente des Pfarrgemeinderates durchgesetzt.

 

 

Wir haben die „Krise des Bußsakraments“ ernst genommen und haben jahrelang versucht, die Ursachen zu verstehen und einen Weg zu einem gelingenden Vollzug der Buße zu finden.

Zu Anfang ging es uns vor allem darum, die verbreiteten Ängste abzubauen, die mit der Beichte verbunden waren. Die Eltern, deren Kinder Mitte der 70-er Jahre zur Kommunion gingen, hatten oft sehr belastende Erinnerungen an ihre eigene Beichte. Immer wieder tauchte die Frage auf: „Wie kann ich meinem Kind nahe bringen, was mir selbst solche Probleme gemacht hat?“ Bei der Bußvorbereitung der Kinder mussten wir also gleichzeitig die Erfahrungen der Eltern zu klären versuchen. Das war besonders für die Eltern wichtig, die auch in der Bußvorbereitung eine Kindergruppe begleiten wollten. Beim ersten Treffen dieser Katecheten ging es immer um die persönlichen Erfahrungen und Einstellungen zu Beichte und Buße. Und es tat gut, erzählen zu können, was die Einzelnen dabei bedrückte und belastete. Und da meine eigenen Erinnerungen an Kinder- und Jugendtage genau so problematisch waren, war ich nicht in Gefahr, die Nöte der Eltern beiseite zu schieben oder zu bagatellisieren. Warum hat die alte Beichtpraxis so viel Angst produziert? Es scheint, dass in der Unterweisung einiges schief gelaufen ist.                 

 

Der grundlegende Fehler war wahrscheinlich die Vorstellung, Kinder könnten eine „Todsünde“ begehen (siehe oben). Relativ gängig war bei uns im Dorf die Drohung: „Wenn du das tust, kommst du in die Hölle“. Und viele Ältere kennen noch den Satz: „Ein Auge ist, das alles sieht …“. Hochproblematische Sprüche, die mit der jenseitigen Autorität die eigenen  Erziehungsversuche abstützen sollten. Kinder mit einer stabilen seelischen Konstitution werden diese Situation vielleicht unbeschadet überstanden haben. Aber ängstliche Gemüter konnten dadurch ernsthaft verletzt werden. Anscheinend haben viele Eltern und auch Geistliche die Ungereimtheiten und Gefährdungen dieser Glaubensvermittlung nicht erkannt. Haben sie nicht darüber nachgedacht oder hatten sie  Angst, sich zu versündigen, wenn sie vom gewohnten und vorgeschriebenen Weg abwichen? Ich weiß es nicht. Ein genauso schwerwiegender Fehler ist die Praxis, Kindern bis zum Alter von etwa vierzehn Jahre alles beibringen zu wollen, was sie für ihr ganzes religiöses Leben bis zum Tode brauchen. Ich vermute, dass solche Erziehung die Ursache ist, wenn es Leuten  schwer fällt, etwas in Frage zu stellen, was sie gelernt haben. Manchmal ist der Übergang zum Glauben eines Erwachsenen kaum zu vollziehen. In der Erziehung der Kinder hat das die schlimme Folge, dass man ihnen etwas von „Todsünde“ erzählen muss, obwohl sie damit überhaupt nichts zu tun haben. Und von einer ungültigen Beichte, obwohl  es nicht vorkommt. Das macht Angst. Auch die folgende kleine Begebenheit, an die ich mich noch sehr genau erinnere, ist eine Folge dieser falschen Praxis. Wir hatten einen Pastor, der sehr beliebt war und der mit seiner Musikalität die Pfarrei in Schwung gebracht hat. Im Beichtunterricht hat er uns vermittelt, dass man keine „schwere Sünde“ in der Beichte auslassen dürfe. Das sei nämlich eine neue Sünde und alle folgenden Beichten seien ungültig. Das sei wie bei den Knöpfen der Soutane (ich weiß nicht, ob er dieses beispielgebende Kleidungsstück dabei anhatte). Die Soutane habe dreiunddreißig Knöpfe. Wenn man nun beim Zuknöpfen oben einen Knopf überschlagen hätte, habe man unten einen zu wenig. Dann müsse man alle Knöpfe bis oben wieder aufmachen, damit die Soutane richtig geschlossen sei. So sei das auch bei einer ungültigen Beichte. Diese Theorie mag stimmen, wenn jemand eine „Todsünde“ zu beichten hat. Aber

warum muss man Kinder damit belasten, wenn diese Situation für sie überhaupt nicht zur Debatte steht. Die Folgerung ist eindeutig: Die Unterweisung für Kinder und Erwachsene kann nicht die gleiche sein und, um den Erwachsenen eine eigene Unterweisung zuteilwerden zu lassen, muss man sich etwas einfallen lassen! – Die Schwächen der Unterweisung für die Kinder waren damals offensichtlich eingebettet in ein einschüchterndes Gesamtklima in der Kirche. Man hatte mehr Angst vor der Sünde als Vertrauen auf die befreiende Nähe Gottes.

Ein Symptom dafür ist die Beichtpraxis der Erwachsenen in dieser Zeit. Ich habe es noch nach dem Krieg erlebt, dass „praktizierende Katholiken“ einmal im Monat zur Beichte gingen. Am anderen Morgen gingen sie in die „Frühmesse“ und kommunizierten und dann vier Wochen nicht mehr. Normalerweise ging man nicht in die Frühmesse, sondern um 10 Uhr ins „Hochamt“; aber da wurde nicht die Kommunion ausgeteilt.

 

Wie kann man bei einer neuen Form der Bußvorbereitung erreichen, dass für Kinder – und natürlich auch für Erwachsene –  die Beichte zu einem Vollzug von Vertrauen werden kann?

Auch wenn man die „Beichtväter“ als sehr hilfsbereit und verständnisvoll erfahren hat, macht das die Beichte noch nicht zu einem Instrument von Befreiung und Ermutigung zum Leben. Ich hatte in der ganzen Zeit der Beichtpraxis und der Überlegungen zur Beichtpastoral die Vorstellung, dass das eigentliche Problem nicht der Beichtende mit seinen Akten der Umkehr sei, sondern die andere Seite. Die Kirche wird allgemein und insbesondere in diesem Vorgang nicht als glaubwürdig erlebt in ihrem Anspruch, eine Institution der Erlösung zu sein. Sicher ist bei solchen Überlegungen zu berücksichtigen, dass es in jeder Beziehung sehr schwer ist,

die Ursache des Misslingens zu definieren: kann ich nicht richtig vertrauen oder ist mein Gegenüber nicht vertrauenswürdig? Die erste Mappe, mit der wir 1973 in die Arbeit mit den Katecheten eingestiegen sind, haben wir selbst entworfen. Sehr viel später haben wir dann eine Mappe für die Kinder erarbeitet, die zunächst von der Schönheit des Lebens erzählte, um das grundsätzliche Vertrauen in das Leben und die anderen Menschen zu stützen. „Das Leben ist schön – und trotzdem fällt man immer wieder mal ins Loch – und wie kommt man da wieder raus?“ So war der innere Aufbau der Mappe. Nicht die Sünde ist das Entscheidende, sondern das Leben und die Welt und die Menschen, die von Gottes Liebe Zeugnis geben. Die Sünde ist eine Störung, sie ist die Folge von gestörtem Vertrauen (vgl. Gen 3,1).

 

Ein anderes wichtiges Anliegen in der Bußvorbereitung bestand darin, die Vielfalt der Bußformen zur Geltung zu bringen und für Kinder erlebbar zu machen. Vielerorts wird die Beichte ja als die einzige Möglichkeit wahrgenommen, Vergebung zu finden. Dabei gibt es viele Formen, die viel mehr im Leben von Kindern verankert sind und deshalb auch viel leichter als Vergebung erfahren werden. Im Gespräch mit den Bußkatecheten musste immer wieder die Frage geklärt werden, ob diese verschiedenen Formen wirklich Vergebung ermöglichen. Da war zum Beispiel das Gespräch mit der Mutter. Wenn ein Kind einen schweren Tag mit Konflikten und Versagen hinter sich hat und die Mutter abends an seinem Bett sitzt, dann ist es oft für das Kind möglich, von diesen Erfahrungen zu erzählen. Und wenn dann das Kind seine Not der Mutter anvertrauen kann, kann es dabei Erleichterung und Befreiung erleben. Das ist nicht automatisch und in jedem Fall auch Verzeihung von Gott her. Es kann aber dazu werden, wenn die Mutter diese Situation in gemeinsamem Gespräch und Gebet vor Gott bringt. Und das ist dann wirklich Vergebung. Ob es an der Stelle bei einem zwischenmenschlichen Verstehen und Annehmen bleibt (und wie wertvoll wäre auch das schon!) oder zur Erfahrung des Erbarmens Gottes weitergeführt wird, hängt also von der Intention und dem Vorgehen der Mutter ab. Ein anderes Thema war das Beispiel von Frau Müller (Name geändert!) Frau Müller war eine Katechetin der Bußvorbereitung. In einer Gruppenstunde hat sie die Kinder angeleitet, über sich und ihr Versagen nachzudenken. Dann hat jeder das, was ihm eingefallen ist, auf einen Zettel geschrieben. Frau Müller hat mit ihnen über Schuld und Vergebung gesprochen. Dann haben sie miteinander gebetet und anschließend die Zettel in einer Schale verbrannt. Wir haben oft über diesen Vorgang diskutiert und die Frage gestellt: war das echte Vergebung? Es war meist nicht leicht, andere Katecheten davon zu überzeugen. Dass da irgendetwas wie Vergebung geschehen war, wurde akzeptiert, aber immer wieder die Unsicherheit, ob das wirklich gültig und verbindlich sei. Ich vermute, dass diese Unsicherheit eine Folge der alten Fixierung auf die Beichte war. Diese Unsicherheit wird heute noch für mich deutlich. Ich beobachte manchmal, dass nach einer Erstbeichte (am „Tag der Versöhnung“) die entsprechenden Zettel aller Kinder in einer großen Schüssel verbrannt werden. Dieser Vorgang ist bedenklich, weil er dabei seiner Bedeutung entleert wird. Ist das Verbrennen der Zettel wirklich eine Möglichkeit von Sündenvergebung, dann darf man es nicht an die Beichte anhängen, weil die Sündenvergebung ja schon vorher stattgefunden hat. Ist er nur frommes Spiel, dann sollte man darauf verzichten. Ganz widersprüchlich sind ja auch die Antworten auf die Frage, ob bei der Bußfeier Versöhnung geschieht. In Hochdahl waren die Bußfeiern für Erwachsene vor Weihnachten und Ostern immer gut besucht – auch von vielen Aussiedlern. Sie wurden an zwei Abenden angeboten und beide Male war die jeweilige Kirche gut besetzt. Man darf die Teilnahme nicht abwerten und behaupten, die Leute wären nur froh gewesen, dass sie nicht mehr zu beichten brauchten. Ich glaube nicht, dass es sich bei der Bußfeier um eine sakramentale Form der Vergebung handelt, aber Sündenvergebung braucht auch im Normalfall nicht sakramental zu sein. Hier muss wiederholt werden, dass laut Konzil von Trient die Beichte nur verpflichtend ist, wenn jemand eine Todsünde begangen hat. (Siehe oben.)  Für die Kinder machten wir zum Abschluss der Bußvorbereitung das Angebot einer (gut vorbereiteten) Bußfeier. Danach sollte jeder für sich überlegen, ob er seine Sünden auch noch in der Beichte aussprechen wollte. Wir hatten während des Bußkurses dabei deutlich gegenübergestellt, welche Möglichkeiten und Grenzen die eine und die andere Form hat. Eigentlich hätten wir auf die Beichte ganz verzichten können, wenn Kinder denn grundsätzlich keine Todsünde begehen können. Faktisch haben mich die Erfahrungen immer verunsichert: gingen alle Kinder nach der Bußfeier zu Beichte, hatte ich den Verdacht, dass sie dem Herdentrieb gefolgt waren. Ging keiner zur Beichte, hatte ich Angst, dass sie etwas verpasst haben könnten. Das Argument, die Kinder sollten beichten gehen, damit sie es lernten und für den Notfall könnten, hat mich nie überzeugt. Diese Empfehlung entspringt nämlich einem (gut gemeinten) pädagogischen Anliegen und hat mit der theologischen Frage nichts zu tun. Im Augenblick glaube ich, dass der Weg über die Vielfalt der Bußformen (es gibt ja noch einige andere) zu einer Verlebendigung der vertrauenden Haltung und zu einer Erneuerung der Pastoral der Buße hätte führen können. Aber auch hier: eine verpasste Chance!

 

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